

Yukon
Winter im Yukon
Leben in der wilden Natur

Der Yukon ist fast doppelt so groß wie Deutschland – doch nur knapp 40.000 Menschen leben in dem kanadischen Territorium im hohen Norden. Meist in aller Ruhe, hier bestimmt die Natur den Gang des Lebens, gerade im Winter.
Lautes Gebell, aufgeregte, muskulöse Hunde, soweit das Auge reicht. In der Sky High Wilderness Ranch geben die Schlittenhunde den Ton an. Huskys, kniehoch, mit einem Gebiss, das zum Jagen gemacht ist. Sie sind angekettet, jeder mit einer langen Leine an seiner oder ihrer mit Namen versehenen Hütte im Schnee. Mehr als 100 Hunde leben auf der Ranch. Und Jocelyne LeBlnac versichert: „Die wollen nur eines: rennen“.

Jocelyne ist nicht nur Mitbesitzerin der Ranch, die ein paar Dutzend Kilometer vor den Toren von Yukons Hauptstadt Whitehorse liegt. Einfache Holzhütten, kein fließendes Wasser, dafür ein „Outhouse“ neben jeder Hütte. Handyempfang: Fehlanzeige. Jocelyne ist auch Musherin, Chefin über ihr eigenes Hundeteam. Beim Yukon Quest ist sie 2010 mit 15 Tieren gestartet. Und angekommen. 13 Tage hat sie für die 1000 Meilen zwischen Fairbanks in Alaska und Whitehorse im Yukon gebraucht, der Sieger neun. „Aber das macht nichts – das Ziel ist immer, dass Mensch und Tier gesund ankommen“, sagt Jocelyne, während ihr Blick über die Hundehütten streift. Sie stellt im Geist schon die kleinen Teams aus jeweils vier Hunden zusammen, die die Gäste bald ziehen werden.
Der Yukon Quest gilt als eines der härtesten Hundeschlittenrennen der Welt, 1600 Kilometer durch die winterliche Wildnis im hohen Norden. Durch dichte Wälder mit kurzen Nadelbäumen und über zugefrorene Flüsse. Im arktischen Winter ist es besonders dunkel und kalt, Temperaturen von 30 bis 50 Grad minus bei Wind sind keine Seltenheit. So ein Ausflug mit Touristen ist da eher lockeres Geplänkel, meint man. Aber das stimmt nicht. Ob sie hart für den Yukon Quest trainiert oder zwei Stunden mit kleinen Gespannen auf dem Fish Lake ihre Runden dreht, immer ist die gleiche Sorgfalt gefordert; es geht darum, die Hunde bei Laune zu halten.

Auf dem Schlitten …
Bei den Behelfs-Mushern hinten auf dem Schlitten steigt die Laune ganz schnell. Denn obwohl es im Winter eisig kalt und lange dunkel ist, hält das die Menschen nicht davon ab, sich viel draußen in der unendlichen Natur aufzuhalten.
Jocelyne legt mit dem Führungsgespann los, auch die Gespanne dahinter setzen sich in Bewegung. Das sieht geschmeidig aus, aber es fühlt sich an, als sitzt man zum ersten Mal mit einem Fahrschüler im Auto. Wer nicht beide Hände fest am Schlitten hat, landet schon beim Start rücklings im Schnee. Doch wenn die Schlitten auf dem zugefrorenen See fahren, versteht man, was für Jocelyne und die vielen Musher die Faszination am Schlittenhunderennen ausmacht. Die Huskys absolvieren ihr Training, die Musher und die Passagiere in den Schlitten können die weite, tief verschneite Landschaft auf den zugefrorenen Seen genießen. Es ist still, nur das rhythmische Laufen der Hunde ist zu fühlen und zu sehen.

… oder zu Fuß …
Genauso geht es beim Schneeschuhwandern und beim Fatbiken zu. Auch das sind beliebte Sportarten, um die wenigen hellen Stunden im Winter draußen zu verbringen. Mit den großen Schneeschuhen kann man eigentlich überall in der dicken Schneeauflage unterwegs sein. Auf zugefrorenen Seen, von denen es im Yukon Tausende gibt und in den Wäldern, deren Nadelbäume immer ziemlich kurz sind. In dem Permafrostboden können die Wurzeln nicht tief nach unten wachsen, also können die Bäume auch nicht hoch hinaus.

… oder auf zwei Rädern
Mit dem Fatbike, einem robusten Fahrrad mit besonders dicken, weich aufgepumpten Reifen, ist man ebenfalls im Schnee unterwegs. Der sollte allerdings schon etwas plattgetreten sein, dann fährt es sich einfacher. Mit dicker Kleidung, mit riesigen Handschuhen und mit Hand- und Fußwärmern im Gepäck. Denn bei minus 20 bis minus 40 Grad wird es einem sogar kalt, wenn man eigentlich schwitzt. Der Kleidungstipp für alle diese winterlichen Sportarten: Lagen.
Funkelnder Himmel
Auf dem Hundeschlitten hingegen müssen die Musher nicht allzu sehr schwitzen, die Hunde verrichten schließlich die meiste Arbeit. Hier ist warme, winddichte Kleidung gefragt. Ebenso bei den einzigartigen nächtlichen Ausflügen, die im Winter im Yukon in jeder Nacht anstehen können oder nie. Je nachdem, wie die Wetterlage ist (möglichst klar) und die Sonnenwinde sich verhalten (möglichst aktiv), tanzen die Nordlichter am Himmel. Oft sehr spät in der Nacht oder am frühen Morgen, wenn es besonders eisig ist. Und besonders dunkel.
Doch Dunkelheit und Temperatur haben nichts mit der Entstehung oder der Wahrscheinlichkeit der Aurora Borealis zu tun.

Es gibt sie immer, wenn es nachts dunkel wird, ab September etwa bis weit ins Frühjahr hinein. Mit etwas Glück erwischen Reisende im März und April, wenn die Temperaturen nicht mehr so beißend kalt sind, das grün oder lila leuchtende Spektakel am Himmel. Das Magnetfeld der Erde lenkt die Sonnenwinde ab und leitet sie zu den Polen um – darum sind die sagenumwobenen Polarlichter umso besser zu sehen, je weiter im Norden man sich aufhält.
Gen Norden
Die weite Landschaft um Whitehorse ist ein idealer Platz, auch entlang des Yukon River Richtung Dawson und entlang des Dempster Highway in Eagle Plains stehen die Chancen bestens. Denn kein künstliches Licht verschmutzt hier den Himmel, der Aurora Borealis steht also nichts im Weg. Außer bedeckter Himmel oder Schneewolken.
Wenn an den kurzen arktischen Wintertagen die Sonne scheint, ist der Yukon ein echtes Winterwunderland. Alles ist tief eingefroren, dicke Eiszapfen hängen an Stromleitungen und von Dächern. Der hohe Norden Kanadas zieht die Menschen an – aus vielen Ländern und vielen Gründen. Sie lieben die Weite des Landes, die Jahreszeiten, das einfache Leben. Nur eine Straße führt ganz in den Norden, der 737 Kilometer lange Dempster Highway. Im Sommer ist das eine Schotterpiste, im Winter eine weite, weiße Landschaft. Es geht durch den Tombstone Territorial Park und entlang mehrerer Gebirgsketten, über den Polarkreis und schließlich Richtung Polarmeer.


Alles weiß, auch die Straßen – denn geräumt oder gestreut wird nicht im langen Winter. Die Suche nach Tieren allerdings ist in den Sommermonaten erfolgversprechender, wenn die Bären aus dem Winterschlaf erwacht sind. Elche und Rentiere sind zwar auch im Winter unterwegs, aber trotzdem nur selten zu sehen. Wenn sich der unberührte Schnee doch mal bewegt, ist vielleicht ein Schneehuhn unterwegs oder ein Polarfuchs. Beide aus Überlebensgründen ebenso weiß wie Untergrund.


ANREISE
Von Frankfurt über Vancouver nach Whitehorse, im Winter mit Lufthansa, Air Canada oder Air North.
KLIMA
Im Yukon können die Temperaturen im Winter auf minus 50 Grad sinken. Dazu kommt oft ein eisiger Wind.
REISEZEIT
Die ideale Reisezeit für den winterlichen Yukon ist im Frühjahr, wenn noch alles verschneit und gefroren ist, die Tage aber schon merklich länger werden und die Temperaturen nachts nur noch um minus 20 Grad liegen.
UNTERKUNFT
Sky High Wilderness Ranch: Package mit drei Übernachtungen, Verpflegung und Husky-Touren für rund 1500 CAD pro Person; 2061 Fish Lake Rd, Whitehorse, YT Y1A 4N2, skyhighwilderness.com
